GERMAN:ANSWER Xcite X-Ray 29er Gabel – Testintro: von c_g

Es gibt ein paar „Große“, welche die Welt der Bikefederelemente dominieren, aber es gibt auch ein paar  „Kleine“, die nicht minder innovative Produkte machen – mit viel weniger Ingenieurspower, weniger Marketingbudget und ohne die große Präsenz auf dem OE-Markt. FORMULA ist einer der Newcomerinnen auf diesem Sektor, deren Test der Thirtyfive wir ja gerade erste beendet haben.

1 GERMAN_A Xcite 29

Eine anderer wirklich kleiner Hersteller ist GERMAN:ANSWER – eine deutsche Firma, die es wagt ganz andere Wege zu gehen, wie alle anderen. Die Parallelogrammgabel Kilo ist nur eines der Beispiele. Die Xcite 29er, die wir hier im Test haben eine weitere. Ja, es ist eine Teleskopgabel mit zwei Gabelbeinen, aber da hören die Gemeinsamkeiten mit den Mitbewerbern schon fast wieder auf.

Da wäre einmal das generelle Layout der Gabel, bei dem die Gabelbeine in einer Linie von der Gabelkrone zu der Laufradachse laufen, also ohne Versatz an den Ausfallenden, wie sonst üblich. Der Vorlauf der Gabel kommt allein von dem Winkel, in dem die Gabelbeine aus der geschmiedeten Gabelkrone kommen. GERMAN:A nennt das „Straight Dropout Design“. Dadurch soll die Gabel auf Schläge sensibler reagieren können, weil die ja direkter in Richtung der Tauchrohre wirken, während sie gegenüber Wippbewegungen vom Fahrer (stärkere Verkantung und Reibung) spürbar ruhiger bleiben soll. Andererseits bedeutete das aber auch, dass der Offset sich mit dem Federweg verändert. Ich bin gespannt, ob man den Effekt in der Praxis wirklich spüren kann.

4 Xcite 29 Brücke

Als nächstes wäre da das sogenannte „Muscle-Design„, eine spezielle Formgebung der Gabelkrone (weiter unten abgebildet) und des der Gabelbrücke (hier zu sehen), winschnittig, flach aber sehr breit, soll das der Gabel zu einer sehr hohen Steifigkeit bei gleichzeitig niedrigem Gewicht verhelfen.
Dann wären da noch die 36 mm Oversized-Standrohre aus Alu und die dazugehörigen Cabontauchrohre. Mittlerweile ist es nicht mehr so ungewöhnlich diese Durchmesser zugunsten maximaler Steigikeit etwas größer zu machen, aber als die Xcite vor über 6 Jahren erstmal vorgestellt worden war, war das noch revolutionär. Für Gabeln mit 120 mm ist es weiterhin ungewöhnlich und die FORMULA 35 ist einzige uns bekannt, in der Federwegsklasse, die ähnlich dimensioniert ist – mit sehr gutem Erfolg wie unser letzter test belegt.

6 Xcite 29 Ausfallende

Während es über lange zeit die Xcite nur als Schnellspannversion gegeben hat, kam sie 2013 auch als 15 mm Steckachse, oder um ganz ehrlich zu sein als Gabel mit 20 mm Ausfallenden, die mittels Einsätzen auf 15 mm reduziert werden – ein Konzept, das FOX jetzt mit der 36 wieder aufgegriffen hat. Allerdings leidet das Achssystem unter 2 Problemen, die sich zeigen, noch ehe wir die Gabel in Betrieb genommen haben – einmal braucht es zum Festziehen der Achse einen 10 mm Inbus – ein Maß, das nicht an jedem Tool zu finden ist (hier helfen spezielle Adapter von GERMAN:A weiter, die als Aufsatz für einen weitaus geläufigeren 6 mm Inbus funktionieren) und zweitens besitzt die Gabel keinerlei Führung oder Einfädelhilfe für die Nabe. Es ist also rech umständlich das Vorderrad so in Position zu halten um die Achse dann durchstecken zu können. Dass man die Steckachse mit je einer 5 mm Inbus-Schraube auf jeder Seite nochmal sichert ist zwar nicht unbedingt allzu benutzerfreundlich, ist aber definitiv maximal sicher und steif.

7 Xcite 29 Lockout

Schaut man sich die Federung, Dämpfung der Gabel an, so gibt es serienmäßig immer eine Reboundverstellung – im Bild darüber  wunderschön von außen sichtbar über eine konische Schraube auf einen Dämpfungsstutzen links unten an der Gabel ansteuert. Meine Testgabel hat eine stufenlos verstellbare Druckstufendämpfung, von offen bis blockiert (ein sehr straffer Lockout mit Sicherheitsventil), der als Upgrade zu haben ist und ca. 60 g Zusatzgewicht mitbringt. Die normalen Gabeln haben keine derartige Verstellung. Man kann aber laut Manual über den von außen einstellbaren Gasdruck innerhalb der Dämpungseinheit unterschiedliche Druckstufencharakteristiken erzeugen.
Aus dem Stand wirken sowohl die Zug. Wie auch die Druckstufendämpfung eher straff, aber das müssen die ersten Fahreindrücke erst noch bestätigen.

3 Xcite 29 AusfallendeDer etwas ungewöhnliche angeschraubte Post-Mount-Discsockel soll auch nicht unerwähnt bleiben. Sieht futuristisch aus, ist aber nach Herstellerangabne auf 185 mm maximalen Discdurchmesser beschränkt.

8 Xcite 29 Krone

Genug mit quergedachten Technologien? Fast, denn die jüngste Technolgie aus dem Hause GERMAN ANSWER ist das „ONE-POINT-FIVE Konzept“. Was auf den ersten Blick wie ein getreppter Gabelschaft aussieht ist in Wirklichkeit ein spannendes Konzept um die Belastungen und wirkenden Kräfte vom Gabelschaft auf die Gabelkrone zu verlagern, was wiederum bedeutet, dass der Schaft überwiegend nur noch Zugkräfte halten muss und damit deutlich leichter konstruiert werden kann. Anders als bei „normalen Gabeln, bei denen der Steuersatzkonus lediglich unten auf der Krone aufliegt und mit dem Innendurchmesser den (zum Teil eingepressten) Schaft klemmt, sitzt der Konus bei der Xcite komplett auf der Krone auf und berührt den Carbonschaft noch nicht einmal.

0 GERMAN_A Xcite 29 00 GERMAN_A Xcite 29

Hier die dazugehörigen Grafiken, die dieses Konzept verdeutlichen sollen – links die FEM berechnete Spannunsverteilung in einer herkömmlichen Krone/SchaftEinheit – rechts mit der „One-Point-Five“ Gabelkrone (zum vergrößern einfach anklicken).

Ein Feature, das ich besonders erfreulich finde ist die stufenlose Federwegsverstellung. Man kann die Positiv- und Negativkammer der Gabel über einen Dorn, der analog zur Zugstufenverstellung, allerdings auf der rechten Seite aus den Tauchrohren unten herausragt verbinden und deren Volumen stufenlos verstellen, was effektiv eine Absenkung bewirkt.

 9 Xcite 29 Federwegsverstellung  9 Xcite 29

Von voll ausgefahren bis komplett angesenkt (also um 120 mm abgesenkt!) ist alles damit drin. Hier auf meinen lokalen Trails werde ich diesen Feature wohl weniger nutzen, auf langen Anstiegen, etwa in den Alpen finde ich sowas aber sehr praktisch, obwohl eine komplette Absenkung um 120 mm wohl wenig sinnvoll sein dürfte. Aus dem Karton ist dieser Knopf nur extrem schwer zu drücken.

Wer den bisherigen Ausführungen gefolgt ist, wird verstanden haben, dass der Grundtenor von GERMAN:ANSWER der ist eine Gabel mit maximaler Steifigkeit aber minimalem Gewicht zu konstruieren. Wie schwer ist unsere Testgabel dann wirklich? Nun schlappe 1588 g (bei 20 cm Schaftlänge, inkl. 50 g für die 15 mm Steckachse). Beeindruckend oder? Das wird allerdings noch besser, wenn man bedenkt, dass unsere 15 mm Steckachsversion allein durch die großen Ausfallenden ca. 100 g schwerer ist, wie die Schnellspannversion und wer es maximal leicht haben will, könnte noch den Lockout weglassen und weitere 60 g einsparen. Ca. 1420 g für eine 120 mm 29er Federgabel mit 36 mm Standrohren – das dürfte aktuell ungeschlagen sein.

Der Einstige in die 29er Xcite Gabelreihe liegt bei ungewöhnlich günstigen € 699.-, allerdings dann in der Boost Version mit identischem Innenleben, aber kompletter Alubauweise und eben ca. 200 g schwerer. Unser Testmuster entspricht dem Topmodell Xcite X-Ray (mit Carbon-Tauchrohren und tapered Carbon-Gabelschaft) mit einem Grundpreis von € 1298.- wobei der Lockout mit € 99.- und die 15 mm Steckachse mit  € 39.- nochmal als Upgrades dazukommen.

10 Xcite 29 Krone

Ach ja, die Bauhöhe der 120 mm Gabel ist mit 535 mm (Achse bis Gabelkrone) sogar ein wenig höher als die FORMULA Thirtyfive mit 130 mm und passt somit sehr gut an das ROCKY Instinct ohne dessen Geometrie zu verändern.Nachdem ich die Gabel, wie oben zu sehen, bereits montiert ist, werde ich mich schon bald  mit den ersten Erfahrungen und Fahreindrücken wieder melden.

RIDE ON,
c_g