SALSA Beargrease Carbon Fatbike – Kurztest: von Oli

Wie Ihr Euch erinnern mögt, hat das Beargrease (in der XX1-Version) bei der Eurobike 2013 einen Award gewonnen und war mir damals schon in der Eingangshalle der Messe aufgefallen. Umso mehr hat es uns gefreut, dass es jetzt im späten Herbst mit dem Kurztest geklappt hat. Kurztest deshalb, weil das Bike auf so viel Interesse stößt, dass wir es  nur für ein paar Tage bekommen konnten.

Trotz allem Interesse an den bei uns noch sehr junge Fatbikes ist dies das erste das ich wirklich im Gelände fahren konnte. Auch wenn es sich um Starrbikes handelt, sind Fatbikes eine konstruktive Herausforderung. Es gilt, mit einer in sich stimmigen Kombination aus Rahmengeometrie, Innenlagerbreite und Hinterachsbreite ein Bike zu entwickeln, das sich – trotz bis zu 4,8“ breiten Reifen – auch noch vernünftig treten (Q-Faktor) und schalten lässt. SALSA hat hierzu einiges auf deren Webseite.

Dramaturgisch hätte es mit dem Test besser kaum sein können: Pünktlich zum (vorläufigen) Start des Winters traf das nagelneue Fatbike von SALSA bei uns zum Testen ein. WOW! Der voluminöse Carbonrahmen, die Carbon-Stargabel und die 45NRTH Dillinger Reifen auf weißen Surly-Felgen gefällt mir persönlich richtig gut. Was die Optik betrifft polarisieren Fatbikes. Doch bein Beargrease Carbon ist es anders. Der Rahmen passt optisch großartig zum Thema Fat Bike und es ging mir in den kommenden Tagen mehrfach gleich: Ich bin noch nie so oft auf ein Rad angesprochen worden, wie mit diesem und die Kommentare waren durchweg neugierig positiv. In Sachen Gestaltung eines Fat Bikes hat SALSA in meinen Augen schon mal alles richtig gemacht.

Aufgebaut war unser Bike ganz gemäß den Spezifikationen auf der SALSA Seite mit einer Mischung aus X9/X7 und den neuen Avid BB7 Bremsen. Die restlichen Teile sind mittelpreisiges Zubehör, wie die Truvativ T20 Sattelstütze oder der T20 Vorbau. Das mag jetzt angesichts eines UVP in Deutschland mit 3.099,- € für diese Version überraschen, hängt aber damit zusammen, dass der Rahmenpreis schon (in den USA) bei stattlichen 2.599,- $ liegt. SALSA hat dieses Bike als Racebike entwickelt und wie schon hier genannt, kommt das Beargrease in der XX1 Version auf unter zwölf Kilo. Unser Exemplar kommt auf unter 13 kg ohne Pedale. SALSA erklärt im oben genannten Blog auch, warum unser Bike mit einer Zweifach-Garnitur vorne (2×10) ausgestattet ist und hinten eine Achsbreite von 177 und vorne 142 mm verbaut sind.

 SALSA hat beim Beargrease dem Bike für vorne und hinten eine Steckachse spendiert, daher jeweils 7mm mehr als die gängige Kombination bei Fatbikes mit 170/135mm. Um überhaupt an den fetten Reifen vorbei zu kommen, ist der Standard üblicherweise bei den Kurbeln ein 100mm Innenlager mit einem 121mm GXP Innenlager. Getreten wird mit der auch für 29er fast optimalen 22/36 Übersetzung vorne. Man sieht trotzdem, dass es gerade so klappt mit der Reifenfreiheit bei der Kette.

Gebremst wird mit einer bei uns in Deutschland relativ unüblichen  mechanischen Scheibenbremse, einer Avid BB7 in der 2014er Version noch dazu mit 160er Scheibe vorne und 140er Scheibe hinten. Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Bremsen waren für mich einer der größten Schwachpunkte an dem Bike. Ich kenne die BB7 seit Jahren gut, fahre sie aber – da ich selbst kein Fliegengewicht bin – an meinen Bikes mit 185er Scheiben vorne und hinten. Und ich weiß auch warum. In meinen Augen täte SALSA gut daran, hier aufzurüsten. Für den leichtgewichtige Fatbiker am Strand mag der Durchmesser noch reichen, ich würde aber dringen zu größeren Scheiben raten.

 

Die Laufradkombi aus den 45NRTH Dillinger Reifen auf Surly Holy Rolling Darryl Felgen mit DT Swiss Comp Speichen, auf einer SALSA Fat Conversion Hub (mit DT Swiss Steckachsen) ist eine der derzeit aktuellsten, will man die rotierende Masse niedrig halten.

Der Carbonrahmen und die Gabel verdienendem Namen Fat Bike nicht nur wegen der Kombination mit den fetten Reifen, sondern schon allein wegen der großvolumigen „Rohre“.BG Headtube

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Fahreindrücke: Wie bereits erwähnt, hatte es in den Tagen vor dem ersten Test in den Bergen bereits zum ersten Mal geschneit.

Wir (mein Mittester Olli und ich) haben uns auf den Weg zum Jochberg gemacht und stießen recht bald in Regionen vor, in denen sich das Beargrease am wohlsten fühlt: weiche Böden und Schnee. Die ersten Höhenmeter waren jedoch noch trocken und hier zeigten sich die Racegene des Fatbikes zu ersten Mal: Die Steigungen von bis zu beinahe 20% ließen sich bemerkenswert flott bewältigen. Der Vortrieb war unglaublich und trotz des etwas höheren Rollwiderstandes durch die breiteren Reifen machte es schlichtweg Spaß, den Berg hoch zu treten. Das Rad ist agil und neigte nie zum Aufbäumen.

Am Anfang der Auffahrt bin ich die Reifen noch mit 1.0 bar gefahren, später dann aber bis auf 0.7 bar gesenkt. Generell ist der Luftdruck bei Fatbikes ein wichtiges Thema und es dauert einige Zeit, bis man den für sich passenden Druck gefunden hat.

Recht bald wurde der Weg dann schwieriger zu fahren, weil der erste Schnee schon geschmolzen und durch andere Biker und Wanderer sich eine matschige Rinne gebildet hatte, die ich und Olli nach wenigen Metern schon mieden und lieber durch den tiefen Schnee fuhren, denn da fühlt sich das Beargrease richtig wohl.

Der Schnee wurde immer tiefer und schlussendlich mussten wir umkehren, da selbst mit 4,0 Zoll bei 15% Steigung kein Durchkommen mehr war.

Die Abfahrt im Schnee jedoch erwies sich als Heidenspaß. Weiter unten verließen wir nach langer Abfahrt den Forstweg, der dort keine Schneeauflage mehr hatte und bogen in einen wunderbaren Trail ein, der uns wieder nach Kochel zurück führte. Hier galt es unter Beweis zu stellen, was das Beargrease kein reines Fat nur für den Schnee, sondern auch für technisch schwierigeres Gelände tauglich ist. Und das war es. Auch wenn die Traktion weniger hoch war, so vermittelte die Geometrie permanent Sicherheit, Stufen jedoch fühlten sich erwartungsgemäß ruppiger an.

Aber noch einmal: ich fühlte mich stets sicher, musste nur etwas mehr arbeiten als gewohnt. Der Radstand von 1145.3 mm (in der getesteten Rahmengröße L), kombiniert mit einer Kettenstrebenlänge von 440mm, machten das Trailen zu einer laufruhigen aber keineswegs trägen Sache.

Die Auf- und Abfahrt machte mir und meinem Mitfahrer Olli, der auch unbedingt einige Stellen fahren wollte, unglaublich Spaß. Da ich jedoch den Luftdruck – um es zu testen –  auf unter 0,7bar gesenkt hatte, wurde das Fahren auf der Straße zurück zum Parkplatz zu einer äußerst mühseligen Aktion. Auf hartem Untergund sollte man durchaus Drücke ab 1,0 bar fahren.
Eines bleibt noch anzumerken: Das Beargrease Carbon tritt als Racebike an und unterstreicht dies mit seinem Gewicht und dem steifen Rahmen auch deutlich. Jedoch stellt sich die Frage, welche Sorte Racer die Zielgruppe ist, sind Fat-Bike-Rennen doch tendenziell Langstreckenrennen. Ösen für die Montage von Gepäckträgern sind nicht vorgesehen, Bleiben also Framebags wie sie SALSA auch anbietet oder eine Gepäckträgerlösung a la Freeload, der mittlerweile bei THULE erhältlich ist.

Fazit:  Das Beargrease ist dank des Carbonrahmens mit den Steckacksen vorne und hinten unglaublich steif und agil, trotz der großvolumigen Reifen leichtfüßig und spritzig, die Federung ist jedoch nur gering und erinnert etwas an die ersten vollgefederten Bikes mit Elastomerelementen. Die Traktion ist hoch, aufgrund der geringen Stollentiefe des Dillinger nicht sehr hoch. Richtig in seinem Element ist jedoch das Bike in ganz weichen Böden wie Schnee oder Sand. Die Bremsscheiben würden wir gegen größere wechseln und die Ausstattung ist neben dem hochwertigen Rahmen und Laufrädern funktional aber nicht hochwertig. Die Optik ist super!

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Ps: Ein Fatbike wie das Beargrease mit den 4.0er Dillinger hat einen Reifendurchmesser von 742mm. Ein üblicher 29er Reifen wie der Conti Race King 740 mm. Damit könnte man zu dem Schluss kommen, dass ein Fatbike schlussendlich auch ein 29er ist, jedoch nur auf kleineren Felgen. unterwegs ist.  Interessieren würde uns, ob Ihr mehr Tests über Fatbikes und Fat-Teile lesen wollt. Wenn ja, dann schreibt uns entweder eine Mail oder einfach unten in die Kommentarkästchen. Oli

 PPs: Zur Historie der Fatbikes habe ich mir ein wunderbares Video (von Carl Battreal) angesehen, das ich nur empfehlen kann – Achtung mit über 26 min sehr lang 🙂