LAUF Trail Racer 29 Gabel – Kurztest: von c_g

… und weiter geht´s mit den Tests die wir hier durchgeführt haben während die Eurobike/Interbike Berichterstattung noch in vollem Gange war:

Der eine oder andere erinnert sich vielleicht, dass wir im ersten Bericht zur diesjährigen Eurobike – vom Demoday – eine skurrile Gabelkonstruktion gezeigt haben – die LAUF Trail Racer 29. Es gibt wohl kaum ein Produkt das obwohl nur in 4 Exemplaren vertreten und noch nicht mal mit einem eigenen Stand beworben – so viel neugierig beäugt wurde. Wir sind eine der wenigen, die die Gelegenheit hatten eine LAUF Gabel selber für mehr als nur die kurze Runde im Messegelände zu fahren – noch dazu am eigenen Bike dem RADON Black Sin.

Doch zuerst ein paar Worte zur Gabel und deren Geschichte: Die Trailracer ist eine Entwicklung des Isländers Benedict Skulason, der sich vorher als Entwickler von Prothesen einen reichen Erfahrungsschatz mit dauerelastischen Verbundstoffen erworben hat. Als begeisterter Biker hat er immer nach einer Möglichkeit gesucht diese in der Bike-Industrie bisher kaum eingesetzten Technologien  anzuwenden und daraus eine einfache und leichte Federgabel zu bauen.

Querdenken erlaubt! Wer die Trail Racer 29 anschaut mag zuerst mal wegen der ungewohnten Optik zurückschrecken, doch im Grunde ist die Gabel ein Meisterwerk der Einfachheit – eine Monocoque-Carbonstarrgabel, zwei massive Ausfallenden und dazwischen auf jeder Seite 3 Fiberglass Blattfedern über welchedie Ausfallenden quasi „schwimmend“ gelagert sind.

  

Keine Bewegten Teile, Dichtungen, Lager und kein Wartungsbedarf …. aber eben auch keine Dämpfung oder Einstellmöglichkeiten. Eine besondere konstruktive Herausforderung  war es dabei die Gabel verwindungssteif und lenkpräzise hinzubekommen und den Flex der Federn nur in der Vertikalen zuzulassen – so Benedict im Gespräch. Ein Kunstgriff ist die spezielle Einbettung der breiten Blattfedern in die Carbonkonstruktion und der 15 mm Steckachse. Daher kommt die Trailracer auch nicht nach den Gewichtsklassen austauschbaren Federn  sondern fixen. Je eine Klasse für Fahrer von 50 bis 75 kg, für 70 bis 95kg oder 90 bis 110 kg. In den Grenzbereichen kann man je nach Vorlieben entweder eine weichere oder straffere Federung wählen.

  

Von der Performance soll die Trail Racer ein Mittelweg zwischen Starrgabel und XC-Federgabel liegen – mal sehen wie sich das wohl fährt. Mit knapp 1 kg ist die Trail Racer ebenfalls in der Mitte zwischen einer 29er-XC-Federgabel und einer modernen Carbon-Starrgabel vom Schlage einer NINER.

Der von vielen Biker gefürchtete alljährliche Gabelservice entfällt mit der TR29 auch – das System kommt ohne jegliche Wartung oder Pflege aus. Die Trail Racer kommt mit 60 mm Federweg aus. Da es aber keine innere Reibung gibt, sollen diese sich im Gesamtendruck nach „mehr“ anfühlen. Mit ihrem konischen Saftrohr, der PM Bremsaufnahme und der 15 mm Steckachse sind keine besonderen Standards notwendig und die Gabel ist universell nachrüstbar. Allerdings baut die LAUF TR29 mit 487mm etwas kürzer – etwa wie eine 80 mm Federgabel.

Für den Endkunden wird es die Trail Racer 29 ab Oktober 2014 in voraussichtlich 8 Standardfarben und für € 990.- geben, mit denen man für fast jeden Rahmen eine farblich passende Gabel finden kann.

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Doch nun zu meinen Praxiserfahrungen mit der LAUF Trail Racer 29:

Nur selten war ich so gespannt eine Gabel zu fahren wie mit der LAUF. Gabel einbauen, Bremse montieren und losfahren – ganz ohne jedes Einstellen. Meines Wissens nach die einzige Federgabel die das kann. Dem Handling nach ist sie absolut unauffällig – warum auch nicht, die zentralen Geometriedaten sind identisch mit „normalen“ MTB Gabeln. Ebenfalls ausgesprochen unauffällig verhält sie sich  im Wiegetritt. Man sieht zwar, dass sie federt, aber komischerweise spürt man es überhaupt nicht. Allerdings hat sie eine minimale Wipptendenz – allerdings nur bei unrundem Tritt in einer bestimmten Frequenz. Bewegt man sich auf Forstwegen, über Kopfsteinpflaster und derartige rauhe Oberflächen – Untergründe auf denen normale Federgabeln fast immer zu träge arbeiten – begeistert die TR29 mit einer sagenhaften Sensibilität. Für ein solches Gelände, ob im Touren oder CC/Race-Einsatz ist die Gabel wie geschaffen.

Nach einem kurzen Testfahrt  auf einem Fatbike (mehr dazu in Bälde) erscheint mit das Federungsverhalten der TR29 am ehesten vergleichbar mit einem solchen. Allerdings vermittelt die Trail Racer 29 viel mehr Feedback vom Untergrund und ist durch die hohe Massenträgheit viel agiler und verspielter.


Wird der Trail allerdings gröber, über Wurzeln oder Stufen, sieht die Sache etwas anders aus. Hier erinnert sie mich viel weniger an eine Federgabel und mehr an eine Starrgabel. Die fehlende Dämpfung der Blattfedern sorgt bei einer normalen Federgabel-Fahrweise sehr schnell dazu dass die Front anfängt zu springen. Ich habe es immer wieder versucht und erst als ich meine Fahrweise anpasst hatte – nämlich auf „Starrgabelmodus“, mit viel Körperspannung, Druck auf der Front und einer sehr aktiven Fahrweise unterwegs war, kam ich damit besser zurecht. Dann helfen die spartanischen 60 mm in der tat auch gröberem Gelände etwas der Härt zu nehmen wie man sie mit einer Starrgabel erlebt.

Nach der Zeit mit der LAUF Trailracer 29 empfinde ich die Gabel im Federungsverhalten doch näher an einer modernen Starrgabel als eine Federgabel – 60 mm progressiver Federweg ohne Federung sind halt doch keine 100 mm gedämpft ;-). Auf die Nachfrage wie man das Thema fehlende Dämpfung bei LAUF sähe, kam auch die klare Antwort, dass man sie letztlich nur wegen des geringen Federweges nicht vermissen würde – mehr Hub würde bei so einer Konstruktion einfach keinen Sinn machen – die Hoffnung auf eine langhubige Gabel mit der Technologie muss demnach bis auf weiteres begraben werden.

Was bleibt ist, dass die Trail Racer 29 als meines Wissens nach erste Gabel einen Mittelweg zwischen modernen Federgabeln und Starrgabeln bietet. Schließlich ist sie  in fast allen Belangen (Gewicht, Federweg und Preis) auch genau dazwischen.

Aus meiner Sicht eine sehr komfortable Starrgabel oder extrem puristische Federgabel – je nachdem von welcher Perspektive man sie betrachtet und damit eine ernstzunehmende Alternative für alle die sich einen Umsteig von einer CC- Federgabeln auf eine Starrgabeln überlegen, aber doch deren Unnachgiebigkeit fürchten.

RIDE ON,
c_g