EINHORN 50 – ein ganz besonderes Hardtail: von c_g

das EINHORN 50 auf der EUROBIKE´12

Es kommt nicht alle Tage vor, dass wir ein echtes Showbike zum Testen bekommen. Doch Christoph von EINHORN BIKES war so freundlich und hat uns sein EINHORN 50, das wir bereits auf der EUROBIKE´12 bestaunt hatten, für eine Kurztest gegeben.

Der Grundgedanke des Jubiläumsbikes war „Nachhaltigkeit“ und es wurde speziell für die Eurobike in Zusammenarbeit mit diversen speziell an diesem Thema interessierten  Herstellern konzipiert.  Nichts an dem Bike entspricht einem Serienaufbau – jedes Teil ist danach ausgesucht, unter möglichst geringen Umweltbelastungen hergestellt zu sein und oder aus nahegelegenenr Porduktion zu stammen.

      

 Hier ein paar Sätze von ENHORN zu dem Projekt „EINHORN 50“:

„Das einhorn 50 ist die aktuelle Benchmark, was mit Komponenten aus in unserem Sinne nachhaltiger Herstellung möglich ist … und ist nicht der Endpunkt, sondern vielmehr der Anfang einer Entwicklung, die beweisen soll, dass es an der Zeit ist, Bikes der Spitzenklasse auch unter Einbeziehung von ökologischen und sozialen Aspekten zu fertigen.“

Der von REWEL in Südtirol gefertigte Titanrahmen ist das Herzstück des Projekts. Wunderschön anzusehen – schlichte Rundrohre, sportlicher Schwung in den Sitztstreben und mit sandgestrahlten Logos auf der sandgestrahlten Oberfläche. Dabei ist der Titanrahmen alles andere als weich – vielmehr steif und direkt und das mit 1 1/8“ Sterurohr, Schnellspannachse hinten und BSA Tretlager ;-).
Wieviel des sprichwörtlichen „Titan-Rides“ das Einhorn 50 wirklich  hat, konnten wir aufgrund der kurzen Erfahrungen mit dem Bike nicht wirklich herausarbeiten – als Gesamtkunstwerk fährt es sich aber definitv sehr komfortabel ohne je an Vortrieb und Effizienz einzubüßen.

  

Doch so schön das Rahmen auch ist, das EINHORN sollte als Gesamtkonzept verstanden werden. So ziert den Rahmen eine BRAKE FORCE ONE Bremsanlage (hier bereits kurz vorgestellt), eine ACROS A-Ge hydraulische Kettenschaltung und die 3-fach Kurbel kommt vom italienischen Hersteller PMP. Vorbau + Sattelstütze kommen aus dem hause THOMSON.

 

Dazu Tretlager, Steuersatz und Naben von CHRIS KING, die ja bekanntlich ihre Kultprodukte nach sehr stringenten umwelttechnischen Maßgaben produzieren.

Etwas ganz besonderes allerdings, in dem das Thema Nachhaltigkeit und heimische Produktion besonders verwirklicht ist, sind der Holzlenker und die Holz-Schlauchlosfelgen (angeblich 450g je Felge) von HOLZFELGEN, auf die die tschechischen TUFO XC4 Schlauchreifen aufgezogen sind.  Als Federgabel darf eine ganz in D gefertigte GERMAN:ANSWER Xcite Criterion ran – eine für uns gute alte Bekannte.

     

Alles zusammengenommen ein echtes Unikat und unverkäuflich, Christoph von EINHORN war allerdings so freundlich uns den VK eines potentiellen Nachbaus zu nennen – schlappe € 8800.- wäre man danach leichter 😉 … bei sehr sportlichen 9,75 kg Gesamtgewicht ohne Pedale.

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Doch man hat uns das BIke nicht nur zur Vorstellung gegeben, wir durften es auch auf unseren heimischen Trails artgerecht bewegen – daher jetzt unsere Praxiseindrücke:

In typischer EINHORN Manier ist auch das „50“ (bei EINHORN sind alle Bikes Custom-Unikate und werden dementsprechend einfach durchnumeriert) tendenziell lang und laufruhig. Wegen des geringen gewichts kommt es aber keinswegs träge rüber, vielmehr ist es ein Bike, das sitzend gefahren jeden Berg im Sturm erklimmt.

Die GERMAN:A Xcite Federgabel ist wie auch schon unser Testmodell vor ein paar Jahren (hier – noch in englisch) nicht die sensibelste, passte aber sehr gut zum sportlich direkten Charakter des Bikes und war nur auf wirklichen Rüttelpisten in denen ein solches Bike ohnehin nichts verloren hat etwas überfordert. Dafür belohnt sie den sportlichen Fahrer mit einer hohen Ruhe, auch im Wiegetritt. Steif war sie schon immer, auch mit Schnellspanner-Ausfallenden … dafür sorgten die voluminösen 35 mm Standrohre. Fertigungstechnisch und was den Flair der Exklusivität angeht, braucht sich die Gabel der deutschen Manufaktur jedenfalls nicht zu verstecken.

Die Holzfelgen und der Holzlenker blieben den Test über unauffällig. Angesichts des sehr ungewöhnlichen Materials war eine anfängliche Skepsis da – das dürfen wir gern sagen, aber nach einigen Kilometern auf dem Trail und keinerlei Auffälligkeiten, war das schnell vergessen. Beim Verstellen der Schalthebel bemerkte ich zwar leichte Einkerbungen der Schelle im Holz (das Holz ist eben nicht so hart, wie Alu oder Carbon) wegen der Massivbauweise war das aber völlig unbedenklich.
Ob die Felgen wirklich bessere Dämpfungseigenschaften haben, wie vom Hersteller gesagt, kann ich aufgrund der kurzen Fahrzeit nicht bestätigen, dass der Lenker sich aber sehr angenehm gefahren hat, würde ich sehr wohl sagen.
Allerdings leiden die Felgen mit 450 g doch etwas an Übergewicht gegenüber der alteingesessenen Konkurrenz, und richten sich preislich mit ca. € 250.-/Stk (inkl. der Spezialnippel) dürften so eher die Klientel für exklusive Custom-Projekte ansprechen als an den Allroundradler. Dafür kann man aber auch unter diversen Holzfinishes wählen und hat ein garantiert einmaliges Bauteil.
–> Für mach war es jedenfalls spannend mal einen ganz anderen (nachwachsenden) Roh-/Werkstoff als die althergebrachten an solchen tragenden Bauteilen wie Lenker und Felgen zu fahren und noch viel mehr ein gutes Maß an Vertrauen darin zu entwickeln. Wer weiß vielleicht machen wir ja mal einen ausführlichen Test dazu.

 Als bekennender Fan von Schlauchreifen habe ich mich sehr auf die TUFO XC4 mit ihrer 2.2er Breite gefreut und der kurze Eindruck bei gutmütig trockenen Bedingungen war recht vielversprechend – komfortabel, schnell und mit ordentlichem Grip. Ein ausführlicher Test der Reifen steht aber ohnehin noch aus und wird bereits in diesen Tagen beginnen.

Über die Lagerung und Funktion der CHRIS KING Komponenten gibt es wohl nicht viel zu sagen – edel, wunderschön und perfekt.

Nicht ganz glücklich war ich mit der Performance der beiden in meinen Augen innovativsten Komponentensystemen des Bikes:

Die A-GE Schaltung von ACROS funktionierte prinzipiell gut, schaltete präzise und sauber. Sie litt aber einerseits unter sehr weichen und damit eher undefinierten Schaltvorgängen und unter der Ergonomie/Bedienung der Schalthebel – zum Schalten muss man nämlich an dem selben Hebel entweder am oberen oder unteren Flügel drücken, der dann die Hydraulikflüssigkeit dementsprechend ansteuert.

In der Theorie ganz einfach, doch in der Praxis habe ich mich damit dauernd verschalten. Aufgrund der Kürze des Tests erkläre ich mal mein Unvermögen umzudenken als verantwortlich. Unangenehm fand ich die sehr lange Hebelbewegung, die notwendig ist um einen Schaltvorgang hervorzurufen… hier wäre aus meiner Sicht ein anderes Übersetzungsverhältnis der Kolben wünschenswert.

Bei aller Perfektion in der Herstellung und dem geglückten Bestreben, die leichteste Kettenschaltung auf dem Markt zu sein, fand ich die sehr filigranen Alu-Schrauben doch ein wenig übertrieben … mir ist bereits beim 1.Versuch der Schalthebelverstellung eine abgebrochen.

Die BRAKE FORCE ONE Scheibenbremse (kurz: BFO), ist die wegen ihres Niederdruck-Funktionsprinzips mit zweistufiger Bremskaftverstärkung und wegabhängiger Dosierung (wie bei KFZ-Bremsen üblich) die aktuell wohl spannendste Kleinserienbremse. Die bei manchen andern Discs (allen voran FORMULA) öfter schleifende Bremsklötze waren in der Tat kein Thema, aber die Dosierbarkeit war für mich recht undefiniert – egal wie ich den Druckpunkt mithilfe der leicht gängigen Schraube am geschlossenen System eingestellt hatte.

Für mich liegt der Grund darin, dass ich im zunehmenden Hebelweg nie wirklich die Bremskraft an den Fingern spürte – mir fehlte es einfach an gewohntem Feedback von die Bremse selbst. Im moderaten Gelände war das vollkommen OK und ich konnte die Bremskraft immer der gefühlten „Entschleunigung“ nach anpassen, aber in technischen Passagen oder im Grenzbereich war stets ein gewisses Maß an Unkontrolliertheit dabei.

Auch hier mache ich wieder die kurze Testphase und meine evtl. mangelnde Flexibilität verantwortlich, man sollte aber einfach wissen, dass sich die Bremse fährt wie nichts aus dem Bikemarkt bekanntes und ein wenig Eingewöhnung einplanen.

Kurztestfazit: Das EINHORN 50 ist ein Bike das den Kenner und Sammler zwangsläufig ins Schwärmen bringt. Ein Bike, dessen Exklusivität sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick erschließt. Den Grundgedanken der Nachhaltigkeit auch in der Bikebranche mal in Form eines Showbikes zu thematisieren wäre schon Grund genug für eine Vorstellung, aber die Gelegenheit so viele spannende Bauteile auch mal selber fahren zu können, konnte ich einfach nicht ausschlagen.

Christoph von EINHORN Bikes

Aber anders als viele Showbikes ist das EINHORN 50 keineswegs nur zum Anschauen gedacht, sondern sehr wohl für den Praxiseinsatz geeignet und wir fanden es toll, dass EINHORN uns das 50 zum Kurztest ohne Einschränkungen zur Verfügung gestellt hat.

Mit Ausnahme der Schaltung und Bremse hat mir das Bike auch gut gefallen … die Ungewohntheit der beiden Systeme wäre evtl. mit mehr Fahr-/Eingewöhnungszeit auch vergangen. Doch auch wenn mich die ACROS A-Ge Schaltung und BRAKE FORCE ONE Disc in der kurzen Testphase nicht vollständig überzeugt haben, sehe  ich in beiden Systemen zwei Konzepte mit gewaltigem Potential, das allerdings in der aktuellen Entwicklungsstufe noch nicht ausgeschöpft ist.
Man darf gespannt sein was die Zukunft hier noch bringt.

Danke an EINHORN , dass ihr diesen Kurztest möglich gemacht habt – wir sind gespannt auf weitere Projekte :-).

RIDE ON,
c_g