MI:TECH Epsilon P1 – Testintro: von c_g

Antriebsschwingenfully, PINION-Getriebe und GATES Center Track Riemenantrieb – mit diesen drei Schlagworten lassen sich die technischen Highlights des 120 mm 29er Fullys des von MI:TECH zusammenfassen. Jedes davon allein schon genug um daraus einen mehrteiligen Test zu machen, aber in Kombination ist das Bike wohl einzigartig.

MI-TECH ist uns ein guter alter Bekannter aus einem früheren Biketest (das Tyke RoEx Hardtail, hier aber nur auf englisch) – eine kleinen Bike-Schmiede aus dem Sauerland die neben Kleinserien- und Maßrahmen auch sehr viel an Prototypen für diverse Hersteller fertigen. Flexibilität und hohe Handwerkkunst treffen hier zusammen und ergeben sehr of begehrenswerte Bikes. Jedes Bike kann wird ganz individuell für den Kunden gefertigt, egal ob mit Standard- oder Maß-Geometrie-. Fast alle Detail- und Ausstattungswünsche können direkt umgesetzt werden. Dementsprechend ist fast jedes MI-TECH Bike ein Unikat.

Doch bei MI:TECH erlaubt man sich auch frei zu denken, abseits vom Mainstream war man dort schon immer offen für alternative Antriebe, verbaut regelmäßig Rohloff, GATES und war einer der ersten Kleinserienproduzenten mit PINION. Doch mit dem Epsilon und dessen Antriebsschwinge setzt man dem ganzen noch einen drauf.

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Manche von uns werden bei dem Federungskonzept „Antriebsschwinge“ gedanklich in die 90er Jahre des letzten Jahrtausends katapultiert – damals war das Konzept en vogue und wurde an diversen Bikes von TREK und GARY FISHER (damals noch getrennte Marken), oder IBIS, KLEIN, SCHWINN und kurze Zeit auch CENTURION für ein paar Jahre gerne verbaut. Doch dann wurde es still um Antriebsschwingen – zu groß angeblich die Komforteinbußen im Stehen und zu spürbar die Tretlagerbewegung beim Pedalieren über rauhen Untergrund. Ich selber gebe zu nie ein derartigen Bike gefahren zu haben und gehe daher recht vorurteilsfrei an den Test.Das Argument, dass man im Stehen die ungefederte Masse dramtisch erhöht leuchtet ein, aber ich bin ehrlich gespannt wie sich das System im Praxiseinsatz verhält.

MI:TECH sind unseres Wissens nach der einzige High-End Hersteller, der es wieder hat aufleben lassen. „Kein Thema“ meint Jürgen Militzer, der Inhaber und Entwickler von  MI:TECH „ … mit der neuen Generation von Dämpfern und einem präzise berechneten Hauptdrehpunkt sind die Nachteile kaum spürbar und eine effiziente Plattform im Stehen bei gleichzeitig hohem Federungskomfort im Sitzen ist genau das wonach einige unserer Kunden immer wieder gefragt haben. Das Epsilon verkauft sich jedenfalls sehr gut.“

Die Tatsache, dass sich bei Antriebsschwingenfullys die Kettenstrebenlänge nicht ändert erlaubt es dem Epsilon auch als Singlespeeder (eben ohne unschönen Kettenspanner) und sogar mit GATES Riemenantrieb bestückt zu werden – in  dieser Beziehung wohl eines der vielseitigsten 29er Fullies. Allerdings muss es sich bei uns nicht nur auf dem Papier, sonder  auch auf dem Trailbewähren … wie es funktioniert, werden wir in den kommenden Wochen herausfinden.

Seit wir das MI:TECH Epsilon letzten Sommer erstmals vorgestellt bekamen (hier), fieberten dem Test entgegen. Doch leider hat sich die Auslieferung des Serien-Pinion Getriebes und jüngst der passenden GATES Komponenten immer wieder verzögert … aber jetzt ist es soweit. Anders als das erste Epsilon, das wir seinerzeit vorgestellt hatten, bekommen die aktuellen Modelle (wie auch unser Testrahmen) einen neuen dynamisch-formschönen, hydrogeformten Rohrsatz, der richtig was hermacht. Eine Abkehr zwar von den bisherigen schlicht geraden Rund- und Kantrohren wie sie weiterhin bei den Hardtails (und auf Wunsch auch bei den Fullies) zum Einsatz kommen, aber wie wir finden optisch auf jeden Fall eine positive.

Was die Geometrie angeht, kommt unser Epsilon Musterbike eher zurückhaltend daher und verspricht ein eher unauffällig neutrales Handling. Als Zugeständnis an den GATES Riemantrieb  ist unser Epsilon mit verstellbaren Ausfallenden mit einer effektiven Kettenstrebenlänge von 445 bis 465 mm ausgestattet. Aufgrund eingeschränkter Lieferbarkeit kam unser Bike mit einem nicht ganz optimalen Übersetzungsverhältnis von 39 vorne und 30 hinten, das im Laufe des Test noch in eine 1:1 Kombi getauscht wird. Um die Kombi mit den verfügbaren GATES Riemenlängen zu kombinieren, sind die Slider fast ganz nach hinten gestellt – 462 mm im aktuellen Zustand.

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Dann wäre da noch der PINION Antrieb – das zentral in speziell dafür konstruierten Rahmen untergebrachte Getriebeeinheit mit 18 Gängen in konstanten 11,5% Gangsprüngen und einem Gesamtspektrum der Übersetzungsbreite von stattlichen 635%. Das Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst ersonnen von zwei bikebegeisterten Ingenieuren aus dem  Automobilbereich, hatte sich immer wieder verzögert, bis die Serienproduktion dann in der zweiten Hälfte 2012 endlich in die Gänge kam. Vollkommenen Wartungsfreiheit, eine Mindestlaufleistung von 60.000 km ohne Service (außer dem Ölwechsel – jährlichen, bzw nach 10.000 km), perfekte Gangabstufung ohne Überlappung uns setzen PINION in direkte Konkurrenz zur ROHLOFF Getriebenabe. Ob das stattliche Mehrgewicht (die Getriebeeinheit schlägt mit immerhin 2,7 kg zu Buche), der Aufwand eines speziellen Rahmens und der dementsprechende Mehrpreis in der Praxis wirklich zum Umstieg verleiten können, wollen wir am Selbstversuch herausfinden. Spannend auch ob und wie sich die günstigere Schwerpunktslage nahe dem Tretlager mit dem PINION Getriebe auswirkt.

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Der GATES Riemenantrieb ist bei twentynineinches kein unbeschriebenes Blatt. Seit 2010 hatten wir immer wieder verschiedene Bikes damit im Einsatz (das erste mit GATES ausgestattete Bike war tatsächlich ein MI-TECH Tyke Rohloff Hardtail (hier auf englisch). Während die früheren Versionen noch empfindlicher gegenüber der Rahmensteifgkeit und Riemenspannung waren, konnten GT und  zuletzt Grannygear mit der 2.Generation, dem GATES Center Track am SPOT BRAND Rocker SS Ti (hier) und auch dem RALEIGH XXIX (hier) nur noch marginale Schwächen feststellen … mal sehen ob wir das bestätigen können.
Alles in allem eine Kombination, wie sie spannender kaum sein könnte. Wir freuen uns auf die kommenden Wochen mit diesem echten Innovationsträger.

Der angegebene VK des MI:TECH Epsilon (inklusive PINION Getriebeeinheit) in Standardgrößen liegt bei € 2998.-, als Maßrahmen bei € 3198.-. Sonderwünsche wie verschliffene Schweißnähte, X-12 Achse, Press-Fit Tretlager, GATES Riementrieb und andere kosten extra, wobei sich die Mehrkosten wirklich im Rahmen halten. Hier geht´s zu offiziellen MI:TECH Preisliste.

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In der Ausstattung ist unser MI:TECH Epsilon sehr hochwertig und mit vielen alten Bekannten versehen. Die Federelemente kommen von FOX in Form eines vielfältig einstellbaren CTD (High Volume) Dämpfers und einer F32 FIT Talas Terralogic – beide aus der Factory Serie und mit KASHIMA Beschichtung. Als Laufräder sind REYNOLDS MT29  verbaut – die aktuelle Version der Laufräder, die wir letztes Jahr nach intensivstem Dauereinsatz auf Platz 5 unserer Top Ten´12 gewählt hatten. Die Reifen sind die Hans Dampf aus dem Hause SCHWALBE (ebenfalls einer unserer letztjährigen Lieblinge). Gebremst wird mit MAGURAs MT6 (180 mm vorne, 160 mm hinten. Das Cockpit und die Sattelstütze kommt von SYNTACE.

Das Komplettbike wiegt in der traillastigen Konfiguration und Rahmengröße M knapp 14,00 kg (ohne Pedale). Mit einer noch mehr auf Leichtbau ausgelegten Ausstattung ließe sich wohl noch etwas einsparen, aber ein Leichtgewicht wird das Epsilon mit der PINION wohl nie werden.

Bald mehr von unseren ersten Fahreindrücken mit dem MI:TECH Espilon P1, wenn der kürzliche Wintereinbruch die Trails wieder freigegeben hat und wir die ersten Trailkilometer hinter uns haben.

RIDE ON,
c_g