SPECIALIZED Epic Marathon – Erste Praxiseindrücke: von Grannygear

Ok, das 2013er SPECIALIZED Epic Marathon ist vorgestellt (hier) und fast bereit für den Trail – fehlt nur noch das Set-Up für gabel und Dämpfer.

Das Autosag ist ein so einfacher, wie genialer Gedanke, dass man sich einfach fraget, warum noch niemand eher daran gedacht hat. Es nimmt die Fummelei aus der Einstellung und macht sie selbst für Anfänger kinderleicht und erlaubt dennoch dem Könner noch ganz individuell nachzujustieren. Beim Dämpfer schraube ich nur die Brain-Plattform auf minimal, pumpe knapp 18 bar in den Dämpfer, setze mich normal aufs Bike (also mit Händen am Lenker), greife das rote Ventil links am Dämpfer und drücke das Ventil, bis keine Luft mehr entweicht. Das war´s J. Zur eigenen Überraschung ist dabei der Dämpfer erstmal kurz ganz ausgefahren (weil zuerst die Negativkammer entleert wird ehe die Positivkammer an Druck verliert. Abschließend drückt man die Federung ein paar mal damit sich die beiden Luftkammern ausgleichen. Ich habe den Prozess ein paar mal wiederholt und bin dabei jedes mal be idem identisch gleichen Sag von 11 mm gelandet.

Danach habe ich den Brain-Dämpfer etwa auf die Mittelstellung gebracht, was bei meinen bisherigen Brain-Bikes in etwa immer mein  Ideal war und jetzt als Ausgangstellung dient.

Die Gabel, eine “gebrainte” Solo Air SID, ist in Grund-Set-Up mit der einen Luftkammer genauso leicht, allerdings bin ich bei dem für mein Gewicht vorgeschlagenen Druck (auf der gabel aufgedruckt) weit ab von meinem empfohlenen Sag gelandet. Vielleicht spielt das Brain hier ein Rolle. Jedenfalls bin ich dann einfach so vorgegangen solange den Druck anzupassen, bis ich bei 20% Sag (ebenfalls auf den Standrohren angegeben) angekommen bin. Das Brain an der Gabel ist etwas eigen und ich arbeite immer noch daran das ideale Setting zu finden – daher mehr dazu später. Der Reboundknopf – ist mit dem Brain-Einstellknopf gestaffelt, aber gut zu erreichen. Auch hier bin ich gleich in die Mittelposition gegangen ehe es auf die Trails ging.

Was sofort auffällt, ist dass das Epic Marathon ein aggressives und kompromissloses XC-Racebike ist. Der schmale Lenker (680 mm) und der recht lange Vorbau sorgen für eine recht frontlastige und sportliche Sitzposition. Durch das Brain fühlt sich das Bike ungemein direkt und schnell an und ei leichten Laufräder tragen ihren Teil dazu bei. Mit jedem Pedaltritt geht das Bike richtig ab!

Auf der anderen Seite reagiert die Brain-Plattformgedämpfte Federung auf die kleineren Schläge kaum und gibt sie ungefiltert an den Fahrer weiter. Mit dem Brain vorne wie hinten fällt das umso mehr auf. Natürlich kann man dem Bike auch viel mehr Komfort einhauchen … aber will man das bei so einem Bike überhaupt? Dazu werde ich noch mehr sagen, wenn ich den test abschließe. Bei der ersten Ausfahrt mit dem Epic ist sofort aufgefallen wie effizient und mühelos das Bike bergan klettert und ich freue mich auf die weiteren Fahrten mit dem Epic Marathon.

Dieses Bike hat die bisher steifste Chassis aller mir bekannten SPECIALIZED Fullies. Ich habe zwar keine numerischen Messwerte um das zu belegen, aber ich würde darauf wetten. Zusammen mit den sehr direkten und leichten Roval Control Carbon Laufrädern ergibt das ein super präzises und direktes Handling, dessen Grenzen aus meiner Sicht nur die lange Front und das Können des Fahrers setzen.

Die MAGURA MT6 Bremsen brauchten lange zum Einbremsen, entwickeln langsam aber die gewünschte Bremskraft. Bisher sonst ohne Vorkommnisse, fahren sie stets sehr leise und lassen sich gut modulieren. Bisher finde ich sie nicht sehr kräftig, aber vielleicht brauchen sie noch etwas Einbremszeit … mal sehen.  Die XO Gripshifter und der XO Antrieb funktioniert sehr  gut und bisher mag ich die 24/38 2-fach Kettenblattkombi sehr. Normalerweise mag ich die kleinste 24/36 Übersetzung sehr gerne, aber das Epic Marathon ist so leicht und vortriebsstark, das ich sie bisher fast nie genutzt habe.

Überhaupt ist das Epic wohl eines der effizientesten Fullies überhaupt – wenn man die Hardtailmäßige Beschleunigung als ideal nimmt. Egal ob stehend ode rim Sitzen, der Mini Brain Dämpfer und die FSR Federung bleibn von jeglichen Antriebseinflüssen oder Gewichtsverlagerungen völlig unbeeindruckt.  Je nach Stärke der Brain-Einstellung und Dämpferdruck, öffnet sich das System ab einer gewissen Schlagstärke und gibt den gesamten Federweg frei. Das Ergebnis ist ein sehr direktes bis fast hartes Fahrgefühl wenn man sich auf einfachen oder glatten Trails bewegt, aber wenn die Geschwindigkeit und die Hindernisse zunehmen, gibt das Brain die Federung frei und sie arbeitet mustergültig. Die “gebrainte” SID ist allerdings nicht ganz was ich erwartet hatte. Es arbeite nicht ganz so feinfühlig und sauber wie das Heck. Mit Ausnahme der zwei aggressivsten Einstellungen bleibt es in den ersten 10 mm des Federwegs recht aktiv und schluckt kleinere Vibrationen. Die übrigen 90 mm gibt es erst frei, wenn die Schläge die voreingestellte Intensität überschreiten. Wie auch beim Heck werde ich aber weiter damit experimentieren und später genauer davon berichten.

Mittlerweile denke, ich dass das Epic Marathon, verglichen zu den anderen Epics, die ich gefahren bin (noch nie ein S-Works), das wohl schnellste, aber auch aggressivste Epic ist, das ich kenne. Es gab einige Situationen, in den ich es mit meinem Freunden habe drauf ankommen lassen und es war jedesmal eine Freude, wie das Epic Marathon mich dabei unterstützt. Hier setze ich klar die limits, nicht das Bike. Allerdings gibt das Bike damit auch ein wenig seine Vielseitigkeit auf. Ob das eine gute oder schlechte Sache ist, muss jeder für sich selber entscheiden – wichtig ist aber, dass man es eben schon vorher weiß.

Auf einem Night-Ride vor kurzem habe ich es mit einem Freund auf seinem brandneuen DW-Link Carbonfully herausgefahren und das Epic hat sich genial geschlagen – egal ob über die Felsblöcke, in verwinkelten Abschnitten, oder beim Zielsprint. Mit dem Epic wurde ich zum Helden … zumindest für diese eine kurze Ausfahrt J. Je schneller ich das Epic gefahren bin, desto besser ging es, je langsamer ich es gefahren bin, desto weniger hat es mir gefallen. Das Epic Marathon schreit ganz laut: ”Fahr mich hart und aggressive oder lass die Finger von mir!” Wenn der Sprint an der Ziellinie, die schnellste Rundenzeit oder der Kampf mit Gleichgesinnten deinen Antriebsfeder sind – und dafür schient mir das Epic Marathon wohl gebaut – dann stören diese Eigenheiten wenig.

Ich werde das SPECIALIZED Epic Marathon noch einiges weiter fahren, manche schnelle Ausfahrten und auch einen besonderen Trip, bei dem es sicher langsamer (aber dafür umso ausdauernder) zugehen wird. Je nach Gelegenheit schicke ich es auch mal auf eine echte XC-Rennstrecke. Bis dahin habe ich das Bike mit all seinen Eigenheiten aber sicher im Griff und berichte von meinen Erfahrungen.

Grannygear.