Freeload Gepäckträger –Fazit nach einer Norkap-Tour: von Oli

Seien wir mal ehrlich: Gepäckträgerösen sind am Bike genauso vermeintlich uncool wie Ösen für die Befestigung von Schutzblechen.
Aber es gibt Situationen, bei denen ein Gepäckträger am Bike äußerst sinnvoll ist: wenn man statt einer Singletrailtour eine Mehrtagestour über Forstwege, Schotterstraßen oder Asphalt unternimmt und viel Gepäck mitnehmen muss. Z.B. bei der sechzehntägigen Tour zum Nordkap im Sommer 2012, bei dir wir nicht nur in Hütten oder Pensionen übernachten (die es ohnehin im Hohen Norden Skandinaviens selten gibt), sondern mit Zelt, Schlafsack und Kocher unterwegs zu sein wollten. Hier sind die Anforderungen schlichtweg andere, als bei einer einwöchigen Transalp.
Wer sich auf die Suche nach einem Gepäckträger für sein Bike macht, wird schnell merken, dass es diverse Faktoren gibt, die es für die Suche und später die Montage eines solchen zu beachten gilt  – egal, ob für vorne oder hinten: (Position der ) Scheibenbremsen, Schaltzugführung, Lage und Art der Ausfallenden, Position der Hydraulikleitungen, Rohrdurchmesser, Rohr- bzw. Rahmenmaterial, Reifendurchmesser und –querschnitt und vor allem: die mögliche Variabilität für die Montage an verschiedenen Bikes. Denn nicht nur wir besitzen mehr als ein Bike. Derzeit zählen wir 4 x 2 Bikes zu unserem Fuhrpark.

Bei der Suche nach dem für uns idealen Gepäckträger sind wir schlussendlich auf den Freeload gestoßen, eine Entwicklung einer Gruppe um drei Designer aus Neuseeland. Dieser Träger scheint die eierlegende Wollmilchsau unter den Gepäckträgern zu sein.
Der Grundträger besteht aus einem Tragegestell aus Aluminium mit Anbauteilen aus Kunststoff und Stahl. Mitgeliefert werden (diagonale) Streben in verschiedenen Längen mit Schrauben, ein kleiner grüner Schlüssel, der für das Lösen der Befestigung benötigt wird und zwei Inbusschlüssel, die man für die Montage benötigt. Dieser grüne Schlüssel ist nicht unbedingt notwendig, es funktioniert auch ein schmaler Schraubenzieher oder ein kleiner Inbus, denn mit ihm wird nur eine Sperrklinke angehoben, um den Ratschenverschluss zu lösen.

  

Der Clou an der Idee für die Befestigung des Trägers ist die variable Befestigungsmöglichkeit mittels Gurten, die über ein Ratschensystem gespannt sind. Der Träger kann durch eine Dreipunktlagerung an fast jede Neigung der Sitzstreben – egal, ob beim Hardtail oder Fully (hier am Beispiel eines Cube AMS Race 29)  befestigt werden, oder aber (und das macht ihn einzigartig) auch an der Feder- oder Starrgabel vorne.

Die Gurtbefestigung ermöglicht die Fixierung an fast jedem Rohrdruchmesser. Als Tragplatte für das Gepäck gibt es entweder eine gerade mit seitlichen Bügeln für die Befestigung von Satteltaschen Tour Rack) oder eine mit einem leichten Schwung (Sport Rack).  Letzterer soll das Verrutschen des darauf verspannten Gepäcks verhindern. Als Erweiterungsmöglichkeit gibt es optional den so genannten Pannier-Frame, der zusätzlich montiert werden kann und muss, wenn man Satteltaschen verwenden möchte. Diesen Pannier-Frame haben wir – wie auf den Bildern zu sehen ist – mit montiert.  Zusätzlich gibt es noch Spanngurte die nötig werden für die Fixierung von Gepäck auf der Trägerplatte. Klassische Expandergurte tun es aber auch.
Dieser Pannier-Frame ist ebenfalls wieder variabel montierbar. Je nach Taschen-, Rahmen-, Laufrad- oder Schuhgröße (Menschen mit großen Schuhen stoßen leicht an die montierten Satteltaschen an) kann er nach Bedarf weiter vor oder hinter geschoben werden.

Die Erstmontage erweist sich als etwas fummelig, da es eine Vielzahl von Schrauben zu fixieren gilt und die Neigung über das o.g. Dreieck optimal eingestellt werden muss. Man läuft sonst Gefahr, dass der Träger nicht stabil oder schief sitzt. Während ein normaler Gepäckträger mit vielleicht vier bis sechs Schrauben auskommt, so sind es am Freeload mit dem Pannier Frame 26 Stück (!). Die Vielzahl der Schrauben sind auch ein Manko, was wir schmerzlich irgendwo auf den Lofoten feststellen mussten. Eine der Befestigungsschrauben hatte sich bald verabschiedet, die wir jedoch durch einen Kabelbinder provisorisch ersetzen konnten.
Jedoch, einmal montiert erwies sich der Freeload als sicherer und stabiler Begleiter für ca. 15 bis 20 kg Gepäck. Zugelassen ist er sogar für bis zu 25 kg, was ich ihm persönlich nicht zutrauen würde – außer ich kontrolliere jeden Tag aufs Neue die Spannung der Befestigungsgurte.

Ein Manko ist das verhältnismäßig hohe Gewicht von fast 1.4 kg mit dem Pannier Frame. Kombiniert mit Expandern und z.B. dem Ortlieb Backroller sind das dann beinahe schon 3,5 kg, die es erst einmal mitzuschleppen gilt – zuzüglich dem eigentlichen Gepäck. Das ist bei Straßentouren nicht unbedingt wichtig, wird aber ein Thema, wenn man mit dem Flugzeug reist und jedes Kilo zählt. Ohne Pannier Frames wiegt der Sport Rack etwa 810 g oder dann 950 g als Tour Rack, man kann dann aber eben keine Packtaschen montieren. Der beidseitige Pannier Frame wiegt 470 g.

Sollte man während einer längeren Tour dann den Wunsch verspüren, mit dem Bike dann doch mal einen Tag auf den Trail zu gehen, so kann man mit wenigen Handgriffen den Ratschenverschluss für die Gurte mit dem mitgelieferten Minischlüssel (oder einem kleinen Inbus) lösen. Ist das System mit dem Dreieck auf beiden Seiten einmal fixiert, lässt sich der Freeload in wenigen Minuten demontieren und wieder befestigen.

Unser Testurteil: Während unserer Tour durch Nordnorwegen musste der Gurtverschluss gelegentlich nachgezogen werden, die Pannierframes haben sich leicht verzogen und wir haben schlussendlich beide eine Schraube verloren. Die Variabilität mit den verschiedenen Befestigungsmöglichkeiten geht etwas zu Lasten der dauerhaften Stabilität. Zudem ist die Montage an manchen Rahmen nicht ganz einfach, denn an den Sitzstreben sitzen oft auch die Befestigungspunkte für die Scheibenbremse oder auf der anderen Seite der Schaltzug. Als dauerhafter Begleiter in der Stadt ist er meiner Meinung nach nicht geeignet, denn er kann zu leicht geklaut werden (Inbus) und die vielen Befestigungsmöglichkeiten und –schrauben machen ihn auch anfällig für Korrosion – speziell im Winter. Tipps und Tricks zur Montage sind hier zu finden. Und für die Montage an Carbonrahmen wird er nicht empfohlen, da die Sitzstreben zu stark belastet werden.
Trotzdem würde ich ihn wieder kaufen, denn ich kenne kein anderes System, das so viele Möglichkeiten der Montage zulässt.

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 Anmerkung: Im Sommer 2012 übernahm Thule die Rechte am von Freeload entwickelten System und integrierte sie in deren neue Produktreihe Pack ’n Pedal™, mit der sie auf der Eurobike 2012 einen Eurobike Award für “Best Accessories” auf der Eurobike 2012 gewannen.  Thule – bekannt durch Dach- oder Heckgepäckträger für Ski oder Bike – will damit in den Markt für den Transport auf dem Fahrrad einsteigen und hat dazu eine ganze Produktlinie entworfen. Die Pannierframes wird es wohl nicht mehr geben, dafür aber eine eigene Taschenreihe, die – oben eingehängt – dann mittels Magnet befestigt wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich das System auch für den Offroadeinsatz eignen wird.
Kommentar der Freeload-Jungs zur Übernahme durch Thule: „When we started Freeload to develop a system for load carrying on bikes, we were inspired by the Thule load carrying systems and products for cars. We set out to design a modular platform that could be used by riders universally in much the same way“, says Freeload founder and director Pat Maguire. „To see Thule introduce our rack to the rest of the world as part of their new and innovative Pack ’n Pedal™ product range is very exciting for us“.

Das Freeload Touring Set bekommt man immer noch zwischen ca. 75,- Euro (Ausverkaufspreis) und 110,- Euro, zzgl. ca. 25,- Euro für die Pannier Frames.

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Schlussbemerkung: In Norwegen haben wir nicht nur den Freeload ausgiebig getestet, sondern auch alkoholfreies Bier, denn der Verkauf von Alkohol ist in Norwegen staatlich kontrolliert. Und wir können sagen: Es ist lecker :-).