APACE C1M – im Kurztest: von Andreas Hofer

Ich bin bekennender Starrgabel-Hardtail-Fan und fahre alle meine Marathon-Rennen mit einem; zur Abwechslung schrote ich in letzter Zeit auch gerne mal mit einem Crosser über unsere Mountainbike-Hometrails. Und so zuckte es beim ersten Anblick des kohlefasrigen Apace (sprich „Apeys“ ,der Name hat nichts mit Indianern zu tun, vielmehr mit Schrittmachen) in meinen Oberschenkeln und Fingern – das Bike wollte ich gerne mal testen.

Zum Glück wohnt Sören Zieher, der Mann hinter der Einmann-Firma Apace Bikes gleich im Düsseldorfer Vorort Köln und so fand das Testbike seinen Testpiloten. Als ich das Geschoss das erste Mal sah, mit seinem massiven Tretlagerbereich, seinem überlangen, negativ montierten Vorbau und einer daraus resultierenden Sattelüberhöhung von gefühlt einem Meter, Miniatur-Bremsscheiben, sowie einem Lenker, der in seiner Breite so wirkte, als fehlte eine Hälfte, wurde mir schlagartig bewusst, dass dieses Bike Befehlsempfänger von hektisch gerufenen Subjektiven mit Ausrufezeichen ist: Start! Vollgas! Zielsprint! … na gut, ich wollte immer schon mal wissen, wie sich Nino Schurter, Manuel Fumic, Jaroslav Kulhavy & Co. auf ihren Arbeitsgeräten so fühlen und nahm das beeindruckend leichte (9,4kg) Gefährt mit nach Weidenthal auf den nächtlichen Rundkurs des Bikefestivals Schlaflos im Sattel (SiS). Dunkel, kalt und hart! Das war das ursprüngliche Motto dieser Veranstaltung. Und was liegt da näher, als mit einem Bike an den Start zu gehen, das auf dem ersten Blick klarmacht: Schwarz, starr und schnell!

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BIKECHECK:

Doch bevor das Bike auf die Strecke ging, stand es erstmal vor der Linse. Und wie es da so steht, erinnert es mit seiner matten Erscheinung und seinen flüssigen Formgebung an alles, was schnell ist:

Und wenn man sich dann behutsam und ehrfurchtsvoll dem Bike nähert, offenbart es seinem Betrachter einige schöne Details:

Schöne Postmount-Bremsaufnahmen vorn wie hinten, an denen der Bremssattel für 160er-Scheiben ohne Adapter seinen Platz findet; die hintere Aufnahme sitzt zudem sehr aufgeräumt im Dreieck zwischen Ketten- und Sitzstrebe. Auch das Ausfallende ist sehr aufgeräumt designed. Ein massiver Tretlagerbereich, in dem tief eingebtettet ein konventionelles Hollowtech II-Lager seine Runden dreht. Die Reifenfreiheit ist recht großzügig (auch wenn hier ein sehr schmaler Hutchinson Phyton verbaut ist).

Ein tapered Steuerrohr mit komplett integriertem Steuersatz schmiegt sich scheinbar nahtlos an die ungewöhnlich geformte Gabel (die Gabelscheiden sind nach hinten gebogen). Das sieht beeindruckend futuristisch aus. Auch das Rückrat des Bikes gefällt. Auf dem Monostay sieht an dem „A“ jeder Zurückgelassene / Überholte gleich, welches Bike da an ihm vorbeiprescht. Die Schaltzüge verschwinden unauffällig im Rahmen.

Das Apace C1M hat beim SiS viele neugierige Blicke auf sich gezogen und ich habe Kommentare vernommen wie „Krass…!“, „Heißes Geschoss“ aber auch „Häßlich..“. Ganz klar, dieses Rad polarisiert. Ein paar Leute sind auch eine Runde um den Zeltplatz gefahren und das Urteil dieses Kurztests war unisono: „Wahnsinn, wie direkt das Bike ist. Reintreten und ab geht’s“ Kein Wunder, das Bike wirkt schon im Stand schneller als jedes auf Zeitnahme getrimmte Spezialgefährt.

Die Geometrie-Daten wirken recht klassisch mit allerdings sportlich langem Oberrohr, steilem Lenkwinkel und vergleichsweise kurzen Kettenstreben. Das Sitzrohr ist immer ein Zoll kürzer als üblich (und die Größen S und M liegen recht nah beieinander); damit steht viel Sattelstütze raus und verstärkt den sportlichen Eindruck.

Bei einem Bike, das für die Rennstrecke wie gemacht scheint, soll natürlich auch interessieren, was die Waage zu sagen hat: Der Rahmen (Größe XL) ruft 1.200 Gramm aufs Display, die Gabel 550 Gramm. Zusammen mit den leichten Laufradsätzen (BOR/FRM 333), den Magura Martha SL, und den bis auf die Pedale auch sonst leichten Parts kommt das Bike auf 9,4kg Gesamtgewicht. Für das Rennen habe ich den schmalbrüstigen Hutchinson Python vorne allerdings gegen einen Maxxis Ardent getauscht. Ein bißchen Dämpfung und etwas Profil darf es auf der SiS-Strecke schon sein. A propos Profil: ein Blick von der Seite sagt mehr als tausend Worte:

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TESTBERICHT

Ich bin das Bike bewusst in dem Setup mit negativem Vorbau und schmalen Lenker gefahren. Also, rauf auf den Hobel und Blick auf die Strecke!
Genialer, direkter Vortrieb! Der Rahmen ist im Tretlagerbereich und horizontal an der Hinterradachse unnachgiebig steif, dass jeder Druck ins Pedal auch direkt in den Antrieb geht. Leider haben die (für mein Gewicht) zu weichen Laufräder diese Sensation im Wortsinn etwas gedämpft. Bergauf macht das Bike am meisten Spaß! Das Bike fährt sich wie in eine Startseilwinde für Segelflugzeuge eingespannt – Schnalz! Nach vorne! Ab dafür! …und am besten bleibt man auch in der linearen Beschleunigung geradeaus. Ich habe das Bike interessehalber vor dem Rennen auch mal auf ein paar etwas verwinkeltere Strecken und enge Trails gesetzt. Nun ja, wieseflinke Wendigkeit steckt nicht in seinen schwarzen Kohlefaser-Genen, insbesondere wenn es dazu noch bergab geht, verhält sich das Bike etwas träge, Lenkbefehle umzusetzen.

Nein, halt, wie heißt es so schön: Es ist niemals der Bogen, immer der Indianer. Und so sollte die Testbotschaft eher sein, dass das Bike untersteuert und träge ist, wenn auch der Fahrer träge im Sattel hängt. Was im Antritt auf breiten Forstwegen sensationell funktioniert, geht im engen, kurvigen, abwärts fallenden Terrain gar nicht: Sitzenbleiben. Um den Schwerpunkt von der weit vorne und tief liegenden Front zu bekommen, muss der Körper übermäßig weit nach hinten. Dann klappt’s auch mit dem flinken Richtungswechsel.

Noch mehr gilt dieses Credo bei dem Überfahren von Hindernissen. Die Front kommt nur mit sehr viel Kraftaufwand beim Zug am Lenker und mit stark nach hinten verlagertem Schwerpunkt vorne hoch; ein Bunny Hop ist auf dem Bike eine echte fahrtechnische Herausforderung. Und noch aktivere Fahrweise ist bergab gefragt, denn bergab macht sich die ansonsten effiziente Sitzposition nachteilig bemerkbar. Der Körper muss bewusst weit nach hinten, um die Front zu entlasten. Die Nackenmuskulatur muss kräftig ziehen, um den Augen ausreichend Weitblick für vorausschauendes Fahren zu bieten. Der Downhill auf der der SiS-Strecke war dieses Jahr im oberen Teil von der schnurrgeraden Falllinie in drei staubige, enge Serpentinen ausgebaut und, aufgewühlt durch die vielen Fahrer, in mehligen Waldboden zermahlen. Mit dem Sattel vor dem Bauch ging die Abfahrt prima und ein Untersteuern kaum noch wahrnehmbar… Und der ruppige untere Teil war mit ausgeschalteten Schmerzrezeptoren und viel Lockerheit in Beinen und Armen auch fast schon angenehm. Will sagen: Man kann sich an die Anforderungen, die das Bike an seinen Fahrer stellt, gut anpassen. Dafür wird man mit adrenalingeschwängerten Beschleunigungssensationen und extrem schnellen Rundenzeiten belohnt. Einfach Pfeilschnell:

Das Bike, zumindest in dem getesteten Setup, ist eine reinrassige Rennmaschine, die der Fahrer einsetzt, wenn und weil er weiß, dass das Rennen zum überwiegenden Großteil aus Rampen, lange ansteigenden Auffahrten und schnellen Forstautobahnen besteht und dass ein zeitlicher Vorsprung in eben diesen Passagen herausgefahren wird. Wenn dann ein paar Wurzeln (hier bringt sich vor allem die vollständige flexfreie Gabel in Erinnerung) und ein knackiger, aber kurzer Downhill im Weg liegen, nimmt er das gerne in Kauf. Schließlich gibt’s kein Pokal ohne Qual.

 Mit einer Federgabel und der damit angehobenen Front sieht das Ganze sicherlich schon etwas entspannter aus. Auf der anderen Seite: Warum eigentlich nicht mal extrem?! Und dafür muss man noch nicht einmal extrem viel Geld ausgeben: 899,- EUR kostet der Carbon-Rahmen, 249,- EUR die Starrgabel. Wer das optisch perfekt aufeinander abgestimmte Set gleich zusammen kauft, kommt gar mit 1.049 EUR aus. Und wer es etwas allroundtauglicher will, bekommt den Rahmen mit der White Brothers Loop mit 100mm Federweg zum Setpreis von 1.499 EUR. Äußerst fair.

Ok, das Bike polarisiert, ist schnell und hat einen klaren Einsatzbereich. Aber wer ist dafür eigentlich verantwortlich und was treibt diesen Mann an. Ein Interview gibt Aufschluss.

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INTERVIEW

 Wer steckt hinter Apace Bikes und was hat Dich dazu bewogen, deine eigene Bike-Firma zu gründen?
–> In erster Linie stehe ich als Person hinter APACE: Sören Zieher – Gründer, Entwickler, Denker, Fahrer. Viele Ideen kommen allerdings aus der Szene, von befreundeten Rennfahrern und begeisterteren Radfahrern. Diese Anregungen haben einen wesentlichen Einfluss auf meine Produkte.

Entwicklung, Produktion, Vertrieb: Wie entstehen Deine Bikes und für wen sind sie gedacht?
–> Zu Beginn stehen die Bedürfnisse und Wünsche der Fahrer. Ich versuche dann das bestmögliche Produkt auf dem Markt zu bekommen und, falls nötig, durch Eigenentwicklung zu ergänzen. Momentan biete ich meine Produkte nur im Direktvertrieb an, um die Strukturen möglichst klein zu halten. Dies ermöglicht mir auch den direkten Kontakt zum Kunden zu halten und auf individuellen Bedürfnissen einzugehen. Durch den Wegfall von komplexen Kostenapparaten, kann ich zudem ein attraktives Produkt zu einem fairen Preis anbieten.
Meine Räder sind in erster Linie für ambitionierte Fahrer gedacht. Aber auch Biker, die auf schönes reduziertes Design abseits des Mainstreams Wert legen, sind bei APACE goldrichtig.

Du hast ausschließlich Carbon- und Titan-Rahmen im Angebot. Warum keine klassischen Alu- oder Stahlbikes?
–> Die beiden Werkstoffe vereinen die von mir gewünschten Eigenschaften am besten. Carbon für alle die es besonders leicht, steif und modern wünschen. Titan fasziniert mich wegen der Korrosion Unempfindlichkeit und der gutmütigen Fahreigenschaften, die sportliche Fahrweise auf keinen Fall ausschließen. Als Radsportler möchte ich das ganze Jahr trainieren ohne mir Sorgen um mein Material machen zu müssen. Wenn es noch Alu-Mainstream-Rahmen von APACE geben wird, dann nur mit besonderen Features z.B. geringes Gewicht o.ä.

Bei Apace Bike gibt’s ausschließlich 29er – Mut zur Lücke oder konsequenter Fokus?
–> Das stimmt – noch – im Moment. Allerdings liegt mein Fokus eher auf 622 ETRTO. Nicht ohne Grund habe ich mir den Slogan „size matters“ zu eigen gemacht. Es wird daher definitiv keine Modelle für 26er gaben, da ich vom 29er Konzept völlig überzeugt bin. Damit möchte ich natürlich keine sportlichen und hochwertigen Kinderräder, für den eigenen Nachwuchs ausschließen ;). Als Radsportler, der auch selbst Straßenrennen fährt, möchte ich auch natürlich auch hier interessante Rahmen anbieten – die Planungen laufen hierfür auf Hochtouren.

Was gibt’s bei Dir sonst noch, was es bei anderen nicht gibt? Und was können wir in Zukunft von Dir erwarten?
–> Einzigartigkeit ist schwer zu erreichen in der dicht gedrängelten Radbranche und gute Produkte gibt es sehr viele. Ich versuche daher ein möglichst komplettes Paket für sportliche Fahrer anzubieten, eine stimmige Produktlinie also. Wenn man 28er (= 29er) Disc-Laufräder als Plattform nimmt, sind eine ganze Reihe an tollen Räder möglich: Disc-Crosser, Disc-Rennrad, Long-Travel Hardtail, Fully, Disc Randonneure für schnelle Raseradler … eben alles was dir und auch mir Spaß machen würde. Ich denke da wird von APACE noch einiges kommen 😉
Übrigens wird es für die kommende Saison ein APACE-Team bei Rennen geben. Die Planung läuft bereits. Hierfür suche ich noch leistungsstarke Fahrer aus dem Marathonbereich. Gerade für junge Fahrer möchte ich diesen tollen Sport so erschwinglicher machen.

FAZIT: Optisch ein Black Beauty, aber fahrtechnisch bestimmt not everybodys darling. Das Apace ist eine effiziente Rennmaschine, die sich auf Anstiegen und wenig technischen Geraden als perfekter Partner für den Kampf gegen die Uhr zeigt. Wer nach dem Sammeln schneller Bonusmeilen dann in Kauf nimmt, dass es bergab oder im ruppigen Gelände keine Gnade gibt, wird das Apace lieben. So wie ich! Beim SiS hat es gute Dienste getan und unser Dreier-Team gleich auf den ersten Platz befördert (Nicht dass das beim SiS irgendeine Bedeutung hätte, aber eine Rennmaschine sieht eben noch besser aus, wenn ein Pokal davor steht ;-).

 Ich bin das Apace im Anschluss auch noch einmal auf einer ausgedehnten Runde über meine Hometrails gefahren. Mittlerweile hatte ich mich ja gut an die arbeitsintensive Beziehung zu ihm gewöhnt und bin mit einem breiten Grinsen in den Sonnenuntergang gerast; die paar Wurzeln im Weg haben dann schon fast gar nicht mehr gestört…

Mehr Bikes und weitere Infos unter: ‪http://www.apace-bikes.de

 

Redaktionelle Anmerkung: Dieser Test ist von einem erfahrenen 29er Fahrer durchgeführt und verfassst worden, der aber nicht mit twentynieninches assoziierten Tester ist. Wir freuen uns ihn hier veröffentlichen zu können, übernehmen aber keinerlei Verantwortung für den Inhalt.)