Garda BIKE Festival´12 – 5.Teil – FELT Edict Nine: von c_g

Das Leben als Bike-Tester ist meist ein tolles – man bekommt coole Bikes und Parts zu fahren, lernt nette Leute kennen und tut oft was einem ohnehin Spaß macht, nämlich Biken. Manchmal aber, wenn sich über Tage hinweg alles nur ums Bike dreht, kommt es auch manchmal vor, dass ich einfach die Nase voll habe. So ging es mir gegen Ende des BIKE Festivals und dann sollte ich auch noch das neue FELT Edict Nine fahren. (Ein schweres Schicksal – ich weiß. Aber ich trage es mit Würde ;-))

Das 2013er Edict Nine wurde bereits zum Sea Otter enthüllt, aber nachdem GG keine Gelegenheit hatte das Bike zu covern durfte ich ran. Zweifellos, das Bike ist ein echter Hingucker – die fließenden Formen und das sportliche Dekor sind einfach schön. Dann wären da noch die edlen Komponenten des Testbikes (komplette XX Gruppe mit SID XX und ein Satz MAVIC SLR 29er Laufräder ☺), aber irgendwie hatte ich einfach keine Lust mehr – auch ich bin nur ein Mensch ;-).

Daher fiel der Pre-Ride Talk auch sehr kurz aus und nach etwas Einstellarbeit war ich bereit für die nächste Probefahrt – Mt. Brione war das Ziel.

Bei der ersten Inspektion fiel sofort das FAST Federungssystem auf („Felt Active Stay Technology“), bei dem der hintere Drehpunkt entfällt und über den Flex des Carbonhinterbaus ersetz wird. Das ganze Federungssystem ist dabei so ausgelegt, dass der Hinterbau im Ruhezustand leicht unter Spannung steht und erst im Bereich des empfohlenen Sags spannungsfrei wird. Zudem kann der Hinterbau dadurch leichter und steifer gebaut werden. Die Federung selber ist ein abgestützter Eingelenker mit 100 mm Federweg.

Spannend auch, dass FELT auf traditionelle Werte wie einen Schnellspannhinterbau, IS-Bremssockel, BSA Tretlager und normal geklemmten Umwerfer setzt. Definitiv Hochmodern ist die spezielle Carbonkonstruktion (FELT nennt es „Inside Out“) bei der FELT mit Hilfe einer PU-Hochdruckblase im Rahmen, die überschüssiges Harz herauspressen und überstehende Carbonmatten kraftschlüssig einbetten soll – eine optimale Materialausnützung und hohe Festigkeit bei geringstmöglichem Gewicht sind die erwünschten Ziele.

Eine echte Augenfreude sind die asymmetrischen Kettenstreben, die es auf ästhetisch schöne Weise schaffen – eine gute Reifen- und Kettenblattfreiheit mit viel Steifigkeit zu kombinieren.
Anders wie viele Konkurrenten verlegt man beim Edict Nine nur den hinteren Schaltzug intern, die Bremsleitung und der Umwerferzug werden am Unterrohr extern geführt.

Wie mittlerweile fast schon Standard kommt vorne ein konisches Steuerrohr und 15 mm Steckachse zum Einsatz.

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Doch nun zur eigentlichen TESTFAHRT:

Bereits auf den ersten Metern ist mir aufgefallen, wie sportlich-komfortabel und handlich sich das Edict Nine anfühlt. Die recht steilen Winkel (71,5° Lenk- und 73° Sitzwinkel) zusammen mit dem moderat langen Heck (450 mm) ergeben ein rundum gefälliges und stimmiges Handling.

Trotz XC-mäßiger Sattelüberhöhung und tiefer Front, fühlte ich mich einfach wohl auf dem Bike. Nicht überraschend dass das Edict Nine einen tollen Vortrieb hatte. Nach den ersten 100 Hm, wusste ich außerdem, dass das Bike richtig steif und wunderbar direkt ist. Es ist vielleicht nicht ganz so extrem auf Speed ausgelegt, wie das BIANCHI Methanol 29er (hier), aber definitiv eine schnelle Maschine – die Wettkämpfe mit meinem E-Bike bewaffneten Co-Tester machten auf dem Edict Nine richtig Spaß.

Der Hinterbau bleib selbst bei offener Plattformdämpfung angenehm ruhig, auf der Mittelstellung kam echtes XC-Feeling auf und in der geschlossenen Stufe fuhr es sich wie ein Hardtail – genau wie ein solches Bike ein sollte.

Bis hierhin hat mich das FELT Edict Nine als angenehmes, vortriebsstarkes und steifes XC-/Marathonbike positiv überrascht, aber mein inneres Tief konnte das Bike dennoch nur teilweise umkehren. Zu alledem versagte der verbaute ROCK SHOX RT3 (ein früher 2013er Prototyp!!) kurz vor dem Gipfel und raubte mir mit seinen von nun an 50 mm völlig ungedämpftem Restfederweg so ziemlich jede Vorfreude auf die Abfahrt. Wegen dieses Defekts kann ich auch nur sehr wenig über die Hinterbauperformance sagen, aber umso mehr über das Handling.

Wer die Abfahrt über den Brione kennt, weiß, dass sie alles zu bieten hat, von flowig-sanften, über verwinkelte und verblockte Passagen, bis hin zu echten Steilstufen und (je nach Fahrweise auch Sprüngen). Eigentlich hatte ich erwartet, das das Edict an einige Stellen mit seinem XC-Handling wohl überfordern sein würde, aber denkste. Bereits halb unten (und mit einem 130 mm 29er-Fully im Nacken) machte sich bei mir die Erkenntnis breit, dass das EDICT NINE mehr war als nur XC-Rakete sei. Die zweite Hälfte der Abfahrt habe ich dann bewusst die schwereren Linien gewählt, bin bewusst noch aggressiver gefahren und trotzdem kam nie Unsicherheit auf. Das Heckfederung war zwar bockig und völlig unkontrolliert, das Bike an sich hat sich aber dermaßen gutmütig und sicher gegeben, wie ich es bisher nur sehr selten erlebt hatte.

→ Großes Kompliment an FELT für diese geniale und vielseitige 29er Geometrie!! Wieder am FELT Stand war mein persönliches Tief völlig verfolgen und simpler Begeisterung über das FELT Edict Nine gewichen. 

Noch ein paar Worte zu den einzelnen Edict Nine Modellen:
Die gefahrene Top-End Version mit „UHC Ultimate+ Nano“ Carbonrahmen wird es wohl eher als Rahmenkit (mit Dämpfer) geben (in Anaolgie zum Edict Six). Die geringfügig schwereren „UHC Performance“ Carbonrahmen sowie den 3-fach konifiziertem 7005er-Alurahmen sind als Komplettbikes geplant. Die Der Alu-Rahmen bekommt am Hinterbau auch ein zusätzliches Drehgelenk nahe der Hinterradnabe, da der Alu-Hinterbau nicht gut mit dem Dauerflex zurecht käme.

Die genauen Versionen und Spezifikationen stehen aktuell noch nicht fest und können je nach Markt auch voneinander abweichen. Die Preise und voraussichtliche Lieferbarkeit ist ebenfalls noch offen – wir berichten wenn wir mehr erfahren.

RIDE ON,
c_g

 

Ps: Der erste Eindruck der MAVIC Crossmaxx SLR 29er Laufräder war übrigens auch ein sehr positiver – schnell, leicht und direkt.