GARDA BIKE FESTIVAL´12 – PART 3: PEDELEC 29er BIKES: von c_g

Und weiter geht´s mit den Funden vom BIKE Festival in Riva.

  • Wer fährt viel mit dem Rad in die Arbeit und kämpft mit der täglichen schweißtreibenden Anstrengung?
  • Wer hat einen schwächeren Partner/Freund, der immer darum kämpft den Anschluss zu wahren?
  • Wer fährt oft mit Kindern im Anhänger und merkt, wie das an den Muskeln zehrt?
  • Wer von euch merkt, dass er nicht mehr so leistungsfähig ist, wie früher? Wer merkt, dass er älter wird?

Wer auch nur eine der oberen Fragen mit JA beantworten kann, für den mag der folgende Post interessant sein, denn es geht um 29er MTBs Pedelecs!!

Pedelecs, also Bikes, deren E-Motor lediglich bei aktivem Pedaldruck unterstützt und nur bis 25 km/h in den Antrieb eingreifen, werden hier in Europa immer populärer, aber, dass es mittlerweile sogar 29er MTBs mit Zusatzantrieb gibt, zeigt, dass die 29er nicht mehr nur als Nische verstanden werden. Grund genug – uns die Sache mal anzuschauen.

Keine Sorge, wir werden uns nicht mit Wattzahlen, Akkukapazitäten, Laufleistung oder den Feinheiten der Technologien herumschlagen, dafür gibt es Spezialisten der Sparte und das sind wir sicher nicht. Was wir wissen wollten, war schlicht und einfach, die Frage:

  • Wie fahren sich solche Bikes, bergauf und bergab, auf der Straße und auf dem Trail?
  • Wie wirkt sich der Mehrgewicht und der oft konstruktionsbedingte deutlich längere Radstand auf das Handling aus?

Eins der ersten uns bekannten 29er MTB Pedelecs, das auch leider nicht auf der Messe zu testen war, ist das ROTWILD R.C1 HT29 Hybrid (das Foto stammt von der Eurobike). Das Bike arbeitet ähnlich wie die im folgenden vorgestellten Bikes mit einem zentralen Boschmotor der mit bis zu 250 Watt den Tritt unterstützt, aber nur ein Kettenblatt vorne zulässt. Wie bei allen ist der Grad der Unterstützung variabel über ein gut zugängliches Display vom aus Lenker wählbar. Der Akku sitzt wie bei den meisten derartigen Systemen im Hauptrahmendreieck. Das ROTWILD R.C1 HT29 Hybrid ist wohl eines der formvolendetsten 29er Pedelecs sein, düfte aber mit € 3999.- auch eines der teuersten sein.

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Das erste 29er Pedelc, das wir wirklich zu fahren bekommen haben, war das erst kürzlich vorgestellte HAIBIKE eQ XDURO 29“. Der aufwendig gearbeitete Rahmen (3-fach konifiziertes 6061er Alu) wirkt durch den Versuch den tief liegenden Antrieb geschützt im Rahmen unterzubringen optisch etwas „gewöhnungsbedürftig“, aber die Komponenten sind voll MTB-tauglich. Der Antrieb besteht aus einem Mix aus SHIMANO´s Deore und XT (hier wegen des BOSCH Antriebs in 1×10) und die MAGURA MT Bremsen sind mit 203 vorne und 180 mm hinten gut für das höhere Gesamtgewicht angepasst. Vorne federt eine ROCK SHOX Reba RL mit 100 mm.

Auf einer Tour auf den Mt. Brione zeigte das eQ XDURO 29“ was in ihm steckt. Die Antriebsunterstützung war potent und erlaubte selbst dem schwächsten Fahrer in der Gruppe, den stärksten davonzuziehen. Sehr angenehm fiel uns der sensible Antrieb auf, mit dem man sogar in losem Schotter und über Stufen stets volle Kontrolle hatte und nie mals die Traktion verlor. Logischerweise musste man in technischem Gelände etwas vorsichtig fahren um nicht aufzusetzen, insgesamt verhielt sich das Bike aber recht gutmütig. Das Gesamtgewicht von immerhin 19,6 kg viel weniger negativ auf als erwartet, allerdings erzeugte der extrem lange Hinterbau (500 mm!!) gepaart mit dem 69° Lenkwinkel und hohen Front (135 mm Steuerrohr und hoher Vorbau) eine recht unvorteilhaftes Fahrgefühl bergab das wenig Spaß macht. Zu träge und spurtreu hinten und fast nervös vorne. Angesichts des günstigsten Preises von € 2699.- ist das HAIBIKE eQ XDURO 29“ das günstigte vorgestellte Pedlec MTB.

–> Wie getestet fanden wir die Defizite des Bikes vor allem im Handling wonach wir das eQ XDURO 29“ aktuell mehr als gemäßigtes Tourenbike und Offroad-Commuter einstufen würden … mit etwas modifizierter Geometrie aber steckt da richtig Potential für ein echtes Mountainbike drin.

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Als zweites Pedelec, war das CUBE EPO 29er (EPO steht für „E-Power“) dran. Das 29er haben wir bereits im Rahmen der Eurobike´11 kurz vorgestellt (hier). Bei dem BIke liegt der Antrieb komplett in der Hinterradnabe, ein System das DYNAMIC E-Assist heißt. Ein Grund sich für diesen Heckantrieb zu entscheiden, war für CUBE die merklich geringere Zusatzbelastung des Antriebs und des damit reduzierten Ketten-/Ritzelverschleiß. Außerdem ist der E-Assist nahezu geräuschlos, während der BOSCH-Antrieb zwar nie besonders auffällt, sich aber unter Last doch durch ein leichtes Summen bemerkbar macht.  Der Akku fungiert gleichzeitig als Sattelstütze – ein recht charmanter Lösungsansatz, finden wir. Das EPO arbeitet mit einem 3×10 SHIMANO Gruppenmix und einer Reba RL 100 und kostet sportlich faire € 2999.-.

Das EPO Testbike wog 20,5 kg, wobei das Hauptgewicht eben in der Hinternabe liegt. Beim Bergauffahren spürte man das weniger und der Antrieb und Sitzposition fielen sportlich entspannt aus. Auch bei der zum Teil technischen Abfahrt gab sich das EPO 29er angenehm und gutmütig. Nur in Stufen spürte man die extrem hecklastige Gewichtsverteilung und auf losem Untergrund neigte das Heck zum häufigen seitlichen Ausbrechen wenn man nicht extrem vorsichtig mit dem Bremsfinger war. Das Hinterradversetzen mag mit einem solchen Bike erlernbar und möglich sein – schien uns aber sehr schwierig.

–> Alles in allem war der Anspruch eines echten geländetauglichen MTB 29er mit dem CUBE EPO doch recht nahe kommt, wofür vor allem die voll geländetaugliche Geometrie verantwortlich ist. Der in die HR-Nabe integrierte Heckmotor dagegen war mitunter dann doch deutlicher spürbar als wir uns gewünscht hätten.

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Das letzte Pedelec im Kurztest war das CENTURION Backfire Ultimate e29. Wie das HAIBIKE basiert auch das e29 auf einem BOSCH-Antrieb, allerdings in einer um 110° gedrehten Stellung, womit der Antrieb schlaggefährdet vor die Kurbel steht und die Bodenfreiheit auf 260 mm einschränkt. Die Funktion und Arbeitsweise war auch hier sehr effizient und angenehm und selbst schwierigere Anstiege mit losem Untergrund waren ein Kinderspiel. Sehr gut.

Was das Handling angeht war das CENTURION aber das gutmütigste und stimmigste Bike aus dem Trio – nicht zuletzt wegen des kompakten Hecks. Selbst kleinere Sprünge und technische Passagen ließen sich mit dem CENTURION e29 sehr angenehm und sicher fahren – die Exponiertheit des Antriebs hat auf der kurzen Testrunde keinerlei Probleme gemacht, war aber immer im Kopf präsent und würde bei heftigen Stufen wohl früher oder später für ungewünschte zu Bodenkontakten führen. Alle anderen Komponenten, von der 100 mm FOX Gabel, bis hin zu den potenten Bremsen oder der 1×10 Schaltung schienen dem mit 18,3 kg recht leichten Bike sehr gut angepasst.

–> Obwohl wir wegen der Antriebslage des BOSCH-Motors unsere Bedenken haben, gab sich das CENTURION Backfire e29 als das ausgewogenste und trailtauglichste 29er Pedelec. Leider konnte man uns beim CENTURION Stand kaum Informationen zur Verfügbarkeit, Preisen oder der Geometrie des Bike geben, wonach wir lediglich unseren Fahreindruck als Grundlage dieses Urteils haben – das aber fiel recht vielversprechend aus.

*Spannend war auch, dass 1×10  Kettenkombi bei den beiden BOSCH-angetrieben Bikes genauso steile Anstiege erlaubte, wie beim CUBE, dessen 3×10 Übersetzung eigentlich bergtauglicher sein sollte. Vielmehr erlebte wir bei sehr kleinen Übersetzungen eine verstärkte Tendenz zu unrundem Tritt beim CUBE, die bei den anderen Bikes nicht festzustellen war.

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„ERSTKONTAKT-Fazit“

Nach den drei Fahrten mit den drei 29er Pedelecs können wir verstehen, wo selbst für sportliche Biker der Reiz für solche Bikes liegt. Obgleich zwei der Bikes im Gelände nicht so recht überzeugen konnten – das HAIBIKE litt unter der ungewöhnlichen Geometrie, das CUBE unter der Hecklastigkeit – waren die negativen Effekte, wie das hohe Gesamtgewicht, das trägere Handling und die keineswegs so dominant, wie wir es erwartet hätten.
Das CENTURION erregte durch die Exponiertheit des Motors ein gewisses Unbehagen, konnte aber sonst am meisten begesitern – ob auf oder jenseits der Straße und selbst im schwierigeren Gelände fuhr es sich fast wie ein normales 29er MTB.

Letztlich sehen wir die getesteten Pedelecs auf Basis von 29er MTBs als durchaus spannende Konzepte, die so wie sie gefahren wurden, einfache bis gemäßigte Touren selbst für ein breiteres Publikum zugänglich machen.
Aus der Prespective eines echten MTB 29ers, bot uns das CENTURION Backfire Ultimate E29, den besten Kompromiss im Handling und damit den miesten Fahrspaß – bei den beiden anderen wirkten die Konzepte stärker kompromissbehaftet und damit nicht ganz so attraktiv.

Dennoch, nachdem einige von uns mehr als nur eine der anfangs gestellten Fragen mit JA beantworten, werden wir weiterhin ein halbes Auge auf die Sparte der 29er Pedelecs werfen und gegebenenfalls darüber berichten.

Morgen geht´s weiter mit „normalen“ MTB-Belangen.

RIDE ON,
c_g